Klar, es ist nicht fein, es schickt sich nicht und es stört aktiv die Mitmenschen in der jeweils recht kurz durchfahrenen Umgebung. Und meistens schämt man sich ohnehin selber, unangenehme Erinnerungen an ellenbogengebräunte und Schnuppi tragende Mantafahrer der Wendezeit im Kopf bekämpfend, es zu tun. Zu gut die Erziehung, zu stark das Gefühl, ein soziales Miteinander bis Wanken zu bringen, ja gar selber unwiederruflich jene unsichtbare und dennoch existente Grenze zu überschreiten, die einen auf die böse, die tumbe, die prollige, die RTL2-Seite bringt, wenn man sich hier gehen lässt. Zumeist spricht eh auch im eigenen, ganz persönlichen Wertekosmos zu viel dagegen, und man sieht weder eine Veranlassung, noch spürt man das Verlangen danach.
Doch dann, es entspringt – bei mir auf jeden Fall – oft einem Gefühl des innerlichen Friedens, des spontanen Glücklichseins, der plötzlich ins Bewusstsein tretenden Gewissheit im Grunde frei zu sein, dann geht es mit einem durch. Kein innerpsychischer Diskurs geht dieser Eruption voraus, kein Abwägen des Für und Widers, nicht einmal ein bewusstes Handeln würde ich hier unterstellen. Alle Mechanismen, die einen ansonsten davon abhalten scheinen sediert, abgelenkt, ausgeschaltet zu sein. Die schiere Emotion bringt einen Kantersieg zustande und lässt es uns einfach tun. Wir kurbeln – unabhängig von Ort, Wetter oder Tageszeit – das Autofenster herunter bis es nicht offener sein könnte, spüren unwillkürlich unsere Mundwinkel, die sich zum breitesten Grinsen aufraffen, zu dem sie fähig sind, drehen den Lautstärkeregler des Autoradios nach ganz rechts und beschallen die Welt mit „Clenching The Fists Of Dissent“ von Machine Head, „Reigning Blood“ von Slayer, „Chopsuey“ von System Of A Down oder „Knife Party“ von den Deftones. Oder irgendetwas anderes. Ganz egal. Hauptsache wir lieben es!
Und für den Moment ist alles egal und sind wir frei.