10. Juni 2013
Ich unternehme den neunten Selbstsportversuch – mich immer noch nicht ganz dem Glauben hingeben könnend, dass ich mein waghalsiges, weltweit seines Gleichen suchendes Unterfangen bislang nahezu unbeschadet überlebt habe – und entschließe mich zu einer gleichsam spontanen wie ultraästhetischen Aktion der Sinne.
Nach all den Kraft- und Extremsportarten entscheide ich mich heute einfach mal nicht nur, wie so oft, der Schnellste und Beste zu sein, sondern das was ich heute vollführe, in einer besonders schönen Art durchzuziehen. Andere rasen – ich kunstrase!
Ich begebe mich also gewohnt sportlich gekleidet auf eine möglichst freie Fläche, auch um mit meiner Geschwindigkeit, die ich zweifelsfrei erreichen werde, niemanden zu verletzen, und mache mich warm. Nach etwa 20 Sekunden verliere ich zwar nicht wirklich die Lust daran, doch mein sprichwörtlicher Tatendrang bricht durch und ich muss einfach loslegen. Ich versuche mir eine ungefähre Route über die vor mir liegende Rasenfläche einzuprägen, atme tief durch – und kunstrase los!
Mittels einer Hochleistungskamera, die von der NASA eigens zur Aufzeichnung von Kometeneinschlägen entwickelt worden ist, entstehen die hier gezeigten Szenen, die weder normale noch unnormale Menschen mit bloßem oder bekleideten Augen je sehen könnten. Ich bin so unfassbar schnell, dass ich mich selber nicht sehen kann und dennoch gelingt es mir während meines Rasens kunstvollste Bewegungen zu vollführen, welche – könnten sie mich denn nun sehen – jedem Kunstturner und Hochleistungsästheten für immer das offenmundige Staunen ins ungläubige Gesicht meißeln würde.
In einer Symbiose aus purer Eleganz und unfassbarer Geschwindigkeit verschmelze ich förmlich mit dem Hintergrund. Das bloße Auge kann nur noch den Rasen wahrnehmen, auf dem ich gerade in komplexester Anmut wahre Kunststücke vollführe. Vergleichbar mit dem Tanzstil eines Derwischs – nur tanzt der natürlich langsamer und scheißerer als ich – oder mit der Energie des tasmanischen Teufels, übertreffe ich meine eigenen Erwartungen, und die sind schon kühn. Selbst ich weiß nicht mehr genau wo oben und unten ist, die Grenzen der Wahrnehmung verschwimmen mit den Grenzen des Gartens und so stoppt mich schließlich eine Vogeltränke!
Mein Nachbar findet mich schließlich – abermals bewusstlos (das kenne ich ja bereits von meinen Experimenten zur Genüge). Ich erwache und sofort wird mir bewusst, dass ich es wieder einmal formidabelst geschafft habe, etwas völlig Neues, noch nie dagewesenes zu vollführen und die noch nicht gezimmerte Messlatte für eventuelle, irrsinnige Nachahmer in unerreichbare Höhen zu legen.
Beim nächsten Mal kann ich mich in Sachen Kunstrasen wohl selber nur noch übertreffen, wenn ich mich auf Rollschuhen aus einer auf ein Schnellboot montierten Kanone abfeuern lasse oder dergleichen. Aber nun sonne ich mich zumindest ein kleines Weilchen in meinem Ruhm. Seht es mir nach und bleibt dran.
Bewertung nach Schulnoten:
Spaßfaktor: 2
Gesundheitsaspekt (GA): 3
Körperinterne Kalorienverbrennung (KiKav): 1
Weizenausgleichsfaktor (WAF): 2
Bock per Minute (BpM): 4
GESAMTNOTE: 2 • ZWEI
ERGO: Zwar besticht diese Sportart durch ihre unbestreitbare Eleganz und auch der konditionelle Aspekt ist nicht zu verachten. Da jedoch praktisch niemand an diesem Erlebnis teilhaben kann, denke ich, dass ich – ungeachtet der guten Abschlussnote – bis zum nächsten Versuch ein paar Leben verstreichen lasse.
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