10. JANUAR 2013
Ich unternehme den zweiten SelbstSportVersuch nach einem arbeitsreichen Tag, an dem ich mich lediglich mit einem leichten Beinahe-Essen (die Briten nennen es schlicht und deutsch Fast-Food) im Zeichen der goldenen Krone zur Mittagszeit gestärkt habe. Nicht unbedingt die allerbesten Vorrausetzungen für die herausfordernde Aufgabe, die ich mir gestellt habe, zumal ich die mir so selbst zugeführte Energie um 19 Uhr natürlich bereits durch härteste Denkarbeit verbraucht habe, und mein Magen diesbezüglich laut knurrend rote Zahlen schrei(b)t.
Der Natur der heute auf mich wartenden sportlichen Höchstleistung, wohnt die kleine – natürlich leicht zu überwindende – Hürde inne, dass ich für die Umsetzung ein ganzes Team um mich scharen muss. Dieses habe ich aus vertrauenswürdigen Menschen um mich herum zusammengestellt und besteht aus Menschen, die sich Mini, Marcus und Stefan nennen. Also, nicht jeder hört auf alle drei Namen, vielmehr verteilen sich die drei Namen gleichmäßig auf je eine Person. Ja. Also. Ich treffe pünktlich um 18:57 am Ort des Geschehens, einer Ansammlung von Hallen, prall gefüllt mit Foltergeräten, Umkleidekabinen und Badmintonplätzen, ein. Dank perfekter mentaler Vorbereitung, kann ich das wirre Treiben und die gefühlt 1000 anderen Menschen um mich herum, bekleidet zumeist in albern bis lächerlichen Strampelanzügen, relativ gut ausblenden. Auch den beißenden Geruch körperlicher Betätigung ignoriere ich so gut es geht, ich darf mich von derlei Unbill nicht ablenken lassen. So schaffe ich es auch, mein latent hochkochendes Tourette zu unterdrücken. Mein Team und ich betreten die Umkleidekabinen, auf gute Taliban-Art streng nach Geschlecht getrennt, und legen unser Outfit an, schnüren die Schuhe sicherheitshalber mit einem Doppelknoten und greifen nach unseren Schlägern.
Der uns für diesen anspruchsvollen SelbstSportVersuch zugeteilte Platz ist jener mit der Nummer 3. Die Bedingungen sind abgesehen von schlechten Zwielichtverhältnissen und ein paar schimmeligen Stellen unter dem rostigen Dach, welches gammeligem Wasser die Möglichkeit der Pfützenbildung hier und da auf dem Platz bietet, sehr gut. Da ich ja den Weizengenussfaktor testen muss, nehme ich mir vor die wahrhaft irren 2 Stunden, die vor mir liegen, ohne Aufnahme von Wasser zu bestreiten – wie anders da meine Mitstreiter. Aber ungleiche Bedingungen schrecken mich nicht, stacheln sie mich doch nur umso mehr zu unmenschlichen Höchstleistungen auf.
Wir stellen uns also nach einer schnellen Seitenwahl auf – ich auf der Seite mit den drei Pfützen, die drei – mein Team – auf der Seite mit der einen Pfütze. Ich, der Spinal Tap-Marshall unter den Extremsportlern (unsere Marshalls geh`n bis 11!), trete nun also todesmutig gegen drei Kontrahenten an, welche zu zwei Dritteln auch noch jenseits der 1,95 m Größe atmen.
Ich nehme den doch sehr leichten “Ball” in die linke Hand, hole aus und gebe an – obwohl ich ansonsten ja nicht so der Prahlhans bin. Der Ball beschreibt eine ulkige Kurve und eiert durch die wahnsinnige Geschwindigkeit über das doch etwas störende Netz. Muss irgend so ein Spielverderber erfunden haben, ebenso wie den fälschlicherweise als “Ball” bezeichneten Gegenstand, den es mittels seltsam mit Gittern bespannten Schlägern von einer Seite zur anderen zu kloppen gilt. Denn – und das ist eigentlich ein Skandal – der “Ball” ist nicht einmal rund und geriert sich als Vogel! Meine Empörung währt nur kurz, denn bereits Sekunden nach meinem Schlag kommt der “Ball” zurück und landet zwischen meinen Augen.
Natürlich erlange ich bereits nach 10 Minuten das Bewusstsein wieder. Nun ist mein Kampfgeist geweckt. Ich schüttle die Schmerzen ab und begebe mich todesmutig in die Offensive. Es entbrennt eine wilde Schlacht, die lediglich von Diskussionen um die lächerliche Zählweise und die unsportlichen Trinkpausen meines Teams unterbrochen werden. Klar, dass ich Minute für Minute meinen Energiemodus steigern kann und nach 1 1/2 Stunden so gut wie alles und jeden in unfassbarer Weise, wenn auch nicht in Gänze besiegt, so doch in schier unüberwindlicher Manier zum Schwitzen gebracht habe. Mein Puls hat nun seine Betriebsgeschwindigkeit von was weiß ich wie vielen Schlägen erreicht und der erste Schweißtropfen rinnt mir über die Stirn. Ich bin heiß! “Kommt doch her, wenn Ihr Euch traut”, will ich gerade rufen, da sind auch schon die 2 Stunden rum. Vergangen wie im Flug mit einem Leichtmotorluftfahrzeug. Irre.
Abgesehen von einem mich beinahe in den Wahnsinn treibenden Hungergefühl und der unbändigen Lust auf ein Fässchen voll mit kühlem Weizenbier, geht es mir, gemessen an der unfassbaren Extremität meines Versuchs unglaublich gut. Das Spiel sollte zwar nicht Federball sondern “Hau`s rüber” heißen und schon gar nicht die völlig sinnlose Bezeichnung Badminton tragen – denn es ist weder böse noch kann man hier als Tonne einen Blumentopf gewinnen. Ich strahle glücklich, dieses Wunder an menschlicher Körper-Geist-Koordination in solch brillanter Weise vollbracht zu haben, packe mein Team komplett in den Smart und lasse mich angemessen auf der eigens für dieses Event ausgerichteten After-Sport-Party (bitte keine Witze) feiern.
Mein abschließendes Urteil nach Schulnoten:
Spaßfaktor: 1
Gesundheitsaspekt (GA): 3+
Körperinterne Kalorienverbrennung (KiKav): 2
Weizenausgleichsfaktor (WAF): 1+
Bock per Minute (BpM): 1
GESAMTNOTE 1 minus – Eins
Ergo – DAS ist ein Sport nach meinem Geschmack, wenngleich ich natürlich jedesmal ein neues Team benötigen werde, denn nicht jeder kann ja mein Pensum auf Dauer durchhalten. Ich rate (mir) zur Wiederholung und hebe hier besonders den unglaublich positiven Weizenausgleichsfaktor (WAF) hervor! Doll.
Der nächste Selbstsportversuch hängt ein wenig von der sich heute anbahnenden Rückkehr des Winters ab und könnte am Wochenende starten.
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