„Bei aller Liebe“ – Muff Potter

 

Ich weiß, ich rede in Bezug auf Musik oft von Liebe. Aber im vermuffpotterten Fall kann ich es nicht anders beschreiben. Ich kann keine Statistik vorweisen, aber die Musik der Jungs begleitet mich nicht nur schon seit Jahrzehnten, ich bin mir auch nicht sicher, ob es überhaupt eine Band gibt, die ich bis heute noch öfter gehört habe, als diese.
Die melancholisch treibende Musik berührt mich so sehr, wie Thorstens intensiv poetische Texte in mein Gehirn und Herz tätowiert sind (wenn Nagel dieser Tage schon so unterschreibt, sollte man ihn auch so nennen). Es gibt fast keine Lebenslage für die es kein passendes Muff Potter Zitat gibt. Und Thorsten hat es inzwischen in Kombination mit seinen dichten Romanen geschafft, sein enormes Erzählpotenzial sowohl auf der Langstrecke zur Meisterschaft zu bringen, als auch in jedem Song eine neue, eigene Welt zu erschaffen. Das können nicht wirklich viele auf diesem Niveau. Chapeau.
Ach und … „Notbeck City Limits“ wird ganz nebenbei so manchem dabei „helfen“, den notwendigen Schritt zu weniger bis keinem Fleischkonsum noch etwas schneller zu vollziehen.
Die neuen Songs kommen, ich möchte fast sagen, musikalischer daher, als alles andere davor, ohne jedoch – und das macht mich besonders glücklich – die nötige, immer währende Wut vermissen zu lassen, die Muff Potter eben auch ausmacht. Die Vier sind musikalisch eine wahnsinnig dichte Einheit, die einen Sound erschafft, der zu jeder Zeit unverkennbar nach Muff Potter klingt, so wie wir sie seit jeher kennen und lieben, unglaublich eigen, aber auf dieser Scheibe öffnet sich das alles in viele neue Richtungen.
Das einzige, und daran bin nur ich selbst Schuld – das mich etwas geärgert hat, als die limitierte und wirklich gelungene Deluxversion mit extra 7-Inch und Fotobooklet kam, war die Tatsache, dass ich übersehen hatte, dass dieses Bundle mit Unterschriften aufwartet – auf dem Cover!!! Abgesehen davon, dass ich noch nie verstanden habe, wozu ich die Unterschriften anderer Menschen benötigen sollte, blutet mir als Grafiker das Herz, wenn das liebevolle Art Work damit beschmiert wird. Noch schlimmer ist es eigentlich nur, wenn ich als Musiker mein eigenes Art Work beschreiben soll. Aber fuck it, ein Luxusproblem.
Das neue Album „Bei aller Liebe“ ist wundervoll, Muff Potter sind 13 Jahre nach der 2009er Abschiedstour wieder da und ich freue mich schon jetzt auf das nächste Werk!