Worte ohne Sinn – ROT markiert.*
Eine ganze Generation hat sich die Wut auf die Fahne geschrieben.
Die wahre Wut, die einen packt. Die einen packen muss, wenn man 20 ist. Wahr ist, wenn Du begabt bist, packst Du diese Wut in schneidende Töne, hämmernde Worte, verschaffst Dir Gehör unter denen, die es ähnlich sehen. Wenn Du genial bist, tust Du denen da oben sogar weh. Du gibst den Nestbeschmutzer, den Stachel im Fleisch – bis die Feuilletons Dich mögen. Dann hat Dich das Establishment und die Kunst ist Dein Beruf. Es gibt kein Zurück für Dich, denn Du bist ewig 20. Bist Du 40 und kein Feuilleton bemerkt Dein Werk, hast Du eine Chance. Du hast die Chance ihnen weh zu tun. Denken die. Du denkst, Du bringst die Gesellschaft nach vorne. Du bildest einen Pol, findest Deinen Platz gleichermaßen in und neben der Gesellschaft.
Aber: Was ist mit der Wut? Du schätzt guten Wein, hast Dich politisiert, kennst die angesagten Künstler, willst Deine Ruhe haben.
Was ist mit der Wut?
Worte ohne Sinn, rot markiert?
Ja. Die gibt es. Ohne Ende. Und Du willst es noch immer. Du willst es noch immer niemandem recht machen, Außer denen, die Du liebst. Und die kennst Du inzwischen ganz genau. Und genau das macht Dich wütend. Das macht Dich wütender, als Du jemals zuvor gedacht hast zu sein.
Schon mal daran gedacht, dass es so etwas wie Generationen nur gibt, um Dir Deine Gefühle vorzugeben? Um Dir Dein Verhalten zu diktieren? Ab 30 wirst Du milder. Ab 40 kurz unzufrieden, dann gleichgültig. Scheiß drauf. Sei ehrlich. Denk nach. Dann wirst Du nicht ruhiger. Du artikulierst Dich anders. Anstelle von Hardcore tritt Kabarett. Aber: Glaubst Du echt, das macht einen Unterschied? Meinst Du, der Typ auf der Bühne, dem Du Deine Hände schenkst, ist mit 40 zu ruhig geworden, um Euch die Gesellschaft vorzuführen?
Und vor Allem: Glaubst Du wirklich, dass die Form die Rebellion bestimmt? Wenn Du das glaubst, bist Du für die Wut verloren.
Wenn Du das denkst, sind die Worte ohne Sinn rot markiert und Du hast die Wut aus Pflichtgefühl verspürt – gewollt. Weil Du 20 warst. Weil Du das Klischee bedient hast. Es geht nicht um die gereckte Faust, nicht um Gebrüll oder Parolen. Wer das glaubt hatte seine Zeit, aber nicht das Bewußtsein. Es geht ausschließlich um Mitgefühl, um Denken, nicht egal*2 , Wollen. Darum seinen Egoismus nicht auf dem Rücken andere auszutragen. Es geht nicht darum, die Worte rot zu markieren, sondern Worten eine Bedeutung zu verleihen, Worten Taten folgen zu lassen.
Worte – Freunde im Geiste, Ihr wusstet es auch mit 20 – können etwas bewegen. Sturm und Drang sind auch meine Weggefährten und ich mag so oft es geht verzweifeln. An Modernismen, an allem was sich in den Weg zu werfen bereit erklärt. Aber ich reiche Euch nun genau die erfahrene Hand, die Ihr anzweifeln müsst. Nämlich die des Verständnisses. Und wer will bitteschön denn verstanden werden, wenn er wütend ist? Mit 20? Mit 30? Ich etwa? Oh Gott, nein! Bleibt die Frage: Hört das jemals auf?
Was bleibt sind dann wohl am Ende … Worte, rot markiert.
Und wir hoffen Generationen übergreifend auf Rückgrat. 
 
* Danke Escapado 2007
*2 But Alive … und Kettcar