Ich denke, ich bin es einfach leid!

Ich bin es leid auf Social Media-Kanälen, erwachsene Menschen aufgeben zu sehen.
Aufgeben nicht mit der Verzweiflung der Entmutigten, hierfür gälte es ja sogar noch eine gewisse Empathie aufzubringen, sondern mit der dummdreisten Verve der sich moralisch überlegen Fühlenden, der Gier der Gewohnheit. Die Söders und Lindners sind ihre Rolemodels, die Reitschusters und Schweigers Ihre Stars, die sich heldenmutig dazu aufschwingen, sich das zu sagen trauen, was man ja nicht mehr sagen darf – sagen sie. Die faschistische AfD, die ultrakonservativen Teile der CDU und die ordo- und marktliberalen FDPler sind die ihnen letztlich verbliebenen Bastionen des wählbaren Spektrums deutscher Parteienpolitik. Hubsi Aiwanger lassen wir hier einmal als pathologischen Sonderfall außen vor. Ich bin kein Psychologe.

Die knurrenden Stimmen aus der Vergangenheit, die Verfechter des „Weiter so“, die sich nichts verbieten lassen wollen, die genau wissen, dass früher nicht alles schlecht war, die Worte wie „Diktatur“, „Freiheit“ oder „Woke“ ganz offensichtlich für sich umgedeutet (oder generell vielleicht in der ursprünglichen Bedeutung gar nicht erst so richtig verstanden) haben, und ernsthaft glauben, dass sie damit ohne Widerspruch nicht nur durch ihr eigenes Leben tapern, sondern auch noch auf politischer Ebene dafür sorgen können, dass jegliche Chance auf Veränderung im Keim erstickt wird, kriechen aus ihren wohl situierten Löchern, um zum Kampf um die Besitzstandswahrung zu blasen. Der Preis ist ihnen egal – den zahlen ja nicht mehr sie! Anders kann man es nicht mehr sagen.

Die FDP hat Ihnen glaubhaft versichert, dass Klimaschutz das exakte Gegenteil von Freiheit darstellt und die Definition dieser speziellen FDP-Freiheit gleichsam mitgeliefert mit der Unterlassung jeglicher Einmischung des Staates in die individuelle Entscheidungsfreiheit – egal ob danach alles raucht und brennt. Das Verständnis des in diesem Zusammenhang propagierten – und immer öfter leichten Brechreiz auslösenden – Kampfbegriffes „Technologieoffenheit“ lässt sich am besten mit den Worten von @gedankenhal_de auf Mastodon erklären: „Wäre die FDP bereits 1908 Regierungspartei geworden, hätten wir heute keine Probleme mit Autos. Denn dann würden alle – ganz technologieoffen – mit zwölfspännigen Pferdekutschen herumfahren.“ Die sich um den unbehelligten Fortbestand ihres „altes Wohlstandslebens“ Ängstigenden haben also verinnerlicht, dass sie mit dem Kampf gegen jede – sei sie noch so vernünftig begründet und auf wissenschaftlich nicht zu leugnenden Erkenntnissen fußende – Klimapolitik gleichsam den Kampf um ihre ganz persönliche Freiheit ausfechten. Das glauben die ernsthaft! Ähnlich wie die maßgeblich von Faschisten gelenkten Querdenker, sehen sie in einer versuchten, kollektiven Rettung der Bewohnbarkeit des Planeten eine existenzielle Bedrohung für sich selbst. Das muss man psychologisch immerhin erst einmal hinbekommen. Ast, Säge, Sie verstehen.

Diese leider extrem (ich kann es auch einfach nicht mehr anders sagen) dumme und objektiv unkluge Haltung, die nicht nur einen persönlichen Egoismus aufs Peinlichste offenlegt, sondern jegliche Verantwortung für das eigene Handeln weit und mit dem Brustton der Überzeugung von sich weist, entlarvt so den Kern des eigenen Egos. Egal wie man sich selbst bisher gegeben hat oder selbst sieht. Die Karten liegen offen auf dem Tisch. Das bockige Aufstampfen des Gesterns ist weder erwachsen, noch verdient es Respekt. Schlichter Defätismus bricht sich lautstark bahn und spuckt der Welt lächelnd mit der Fratze der „Scheißegal-Generation“ ins Gesicht.

Aber gut. Man kann nur sich selbst ändern. Es ist also an der Zeit, södernde und lindnernde Menschen einfach zurückzulassen. Wir können nicht alle mitnehmen, und das ist okay! Lassen wie sie machen, was sie eben machen. Die sind ohnehin lost für jede Veränderung. Es fehlt der Horizont, es fehlt der Wille, es fehlt das Gespür für Zusammenhänge. Wenn man das einmal akzeptiert hat, misst man dem Geschrei der Alten (und hier sind ausdrücklich die alt Denkenden gemeint, egal wie jung sie sich wähnen) Stück für Stück weniger Bedeutung zu. Und das ist der Weg. Einfach selber handeln, ohne sich von dem Gekreische der dem eigenen Untergang Huldigenden zuzuhören. Negativität Beachtung zu schenken, hat noch nie zu etwas Gutem geführt. Lassen wir sie also wild winken und laut rufen, wütend zetern und giftige Galle spucken. Es ist egal, weil es egal sein muss. So wie ein klassischer Till Schweiger-Film.

Ich bin sehr gespannt ob ich noch erleben darf, dass eine Mehrheit der Menschen doch noch die Kurve bekommt und begreift, dass Sie selbst etwas in Ihrem Verhalten und Ihren Gewohnheiten ändern müssen (ja müssen, das Wort kann man im Bedarfsfall nachschlagen) und problemlos können (auch für dieses Wort hält der Duden eine wundervolle Erläuterung parat) oder sich schlicht dümmlich grinsend, mit dem Kopf voran, in Ihr selbst und eigenverantwortlich gestaltetes, technologieoffenes Schicksal stürzen und den Laden dicht machen – und das OHNE mit ausgestrecktem Finger darauf hinzuweisen, dass aber doch China gaaaanz viele Kohle- und Atomkraftwerke baut und das alles ja keinen Sinn mehr hat. Für dieses durchaus verbreitete Verhalten, das nichts weiter als das schlichte Aufgeben bedeutet, gibt es eine schöne Gesellschaftsstudie in Cixin Lius Bestseller Trisolaris-Trilogie. Das nur nebenbei.

Ich denke, ich bin es einfach leid!