Seit einiger Zeit beobachte ich eine etwas Besorgnis erregende Entwicklung, was das scheinbar selbstverständliche Vertreten von rechtsextremen Meinungen gerade in sozialen Jobnetzwerken angeht.

Das was auf Plattformen wie Facebook oder Twitter schon immer bekannt und zu erleben war, dass sich also zumeist gesichtslose Typen (gerne Männer) mit falschem Namen und nicht selten Tieren, Autos oder Motorrädern im Profilbild, als rechtsnationales Gedankengut (es sollte hier allerdings eher Gedankenschlecht oder gar -schlicht heißen) tragende Lautsprecher für faschistische Parteien wie der AfD betätigen, hält nun zusehend Einzug in Netzwerke, in denen man dies einfach nicht so offen vermuten sollte.

Dabei geht es nicht darum, dass der Anteil der Bevölkerung, die ein rechtsextremes Weltbild in sich tragen, etwa gestiegen wäre. Auch ist ja klar, dass jede demokratische Gesellschaft einen gewissen Prozentsatz an derlei Mitbürgern (er)tragen muss und dies auch sehr gut kann. Es ist vielmehr so, dass das eigene Selbstbild jener Menschen, die Sicherheit, ihre kruden, menschenfeindlichen Ideologien offen aussprechen zu können, und das – hier haben wir den springenden Punkt – ohne Gegenwind oder Widerspruch dafür zu bekommen, scheinbar exorbitant gestiegen zu sein scheint. Sie halten das inzwischen für gesellschaftsfähig!

Neulich auf LinkedIn 

Jüngst geriet ich auf LinkedIn in der Kommentarspalte eines Beitrags von einer Firma, die postete, dass Sie einen Auftrag der AfD aus guten Gründen und unter Bezug auf das offene Weltbild der Firma abgelehnt hätte, in eine sehr spannende Diskussion. Bei LinkedIn handelt es sich ja nun einmal um ein Jobnetzwerk. Eine Plattform, in der man sich mit seinem Klarnamen, seiner realen Identität anmeldet, und – so man nicht selbstständig tätig ist – noch dazu, in einer mehr oder weniger ausgeprägten Weise, auch stellvertretend für die Firma steht, für die man tätig ist.

Nicht nur in diesem Post, aber hier besonders auffällig zu beobachten, waren Kommentare von einigen Usern, die allesamt natürlich (wie es so üblich ist) betonten, keinerlei Verbindungen oder Sympathien für die AfD haben zu wollen, aber postulierten, dass eine demokratisch gewählte Partei von niemandem ausgegrenzt werden dürfe, das sei ja genau die Ausgrenzung, die man selbst kritisiere. Dass es sich bei der AfD um eine faschistische, systemfeindliche und antidemokratische Partei handelt, wurde natürlich vornehm ausgeklammert.

Auch wurde hier gerne das klassische Hufeisendenken in den Ring geworfen und betont, dass andere Parteien, die Grünen zum Beispiel, ja auch linksextrem wären (was sie definitiv nicht sind) und die dürften sogar regieren. Schließlich wurde dann auch noch gesagt, dass die AfD ja nur von linksextremen Menschen oder zumindest Linken abgelehnt würde. Dabei haben diese Menschen natürlich vergessen zu erwähnen, dass die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland bereits eine antifaschistische Grundausrichtung beinhaltet und man mitnichten irgendwie politisch links stehen muss, um gegen Nazis zu sein. Das ist hierzulande zum Glück Staatsraison und demokratische Grundhaltung.

Ein neues Selbstverständnis 

Diese ganzen rechtsnationalen Meinungsfetzen sind so alt, langweilig und falsch wie das Internet selbst, jüngst ergänzt durch die abgenutzten Sprüche des system- wie realitätsfeindlichen Milieus der erweiterten Querdenkerszene. Das ist so öde, wie Menschen die auf Twitter von „woke“ reden, ohne zu wissen, was das Wort eigentlich bedeutet.

Recht neu hingegen ist die Tendenz, dass Menschen glauben, sie könnten „offiziell“ unwidersprochen rechtsnationale Narrative vertreten, und es würde keine Folgen haben. Auf LinkedIn stehen die meisten Menschen nun einmal auch für einen Arbeitgeber. Und hier kommt dann der eigentlich spannende Aspekt hinzu. Bleiben gerade in Jobnetzwerken solche Aussagen von den eigenen Kollegen oder Vorgesetzten unwidersprochen, muss man als geneigter Beobachter zwangsläufig davon ausgehen, dass dort völkisch-nationalistische Haltungen im Betrieb geduldet, toleriert, vielleicht sogar unterstützt werden. Was sagt das also über den Betrieb aus? Ich persönlich würde weder mit Menschen oder gar einer Firma zusammen arbeiten, die offen die AfD unterstützt oder toleriert, noch deren Produkte erwerben.

Halten wir die Augen auf   

Wie gesagt, es sind natürlich nicht viele, sondern der extreme Rand, wie eigentlich immer und überall in der Gesellschaft, aber es ist schon spannend, mit welchem Selbstbewusstsein diese Menschen ins Licht der Öffentlichkeit treten, mit einer Meinung, die zu äußern sie sich früher nur im Hinterzimmer einer dunklen Kneipe im Beisein von Gesinnungsgenossen getraut haben.

Das Fazit kann nur sein, dass wir es ihnen offensichtlich zu leicht machen, ihren antidemokratischen Ansichten – unter welchem dünnen Deckmäntelchen auch immer versteckt – Ausdruck zu verleihen. Zum Glück, auch das eine Erfahrung unter anderem aus der Kommentarspalte eben jenes Posts auf LinkedIn, gibt es immer wesentlich mehr, die bei derlei Kommentare einschreiten und argumentativ klar machen, dass wir eine offene, pluralistische Gesellschaft sind, in der faschistische Gedanken oder gar Parteien keinen Platz haben.

Dennoch sollten wir auch hier ein waches Auge auf die Entwicklung haben und noch viel entschiedener gegen ein neues Selbstverständnis beim Verbreiten von rechtsextremen Gedanken einschreiten.