Twogger, Blogstagram, Faceblr, Ellosquare, Fourgl+, Spotipress,
Goonterest, XinkedIn, Wordr. 
Ich dachte, das Ding mit der digitalen Revolution wäre durch und
wir hätten uns mittlerweile allesamt irgendwo im Netz etabliert. Alle sind auf
Facebook, die Individualisten sind auf Twitter, die essenden Fotografen
bewohnen Instagram, die mit den schicken Passbildern bezahlen Xing für ein
Adressbuch, die Weltenbummler tummeln sich gleich überall und irgendwie hat
doch jeder online seinen Kiez gefunden. 
Ich schrieb noch kürzlich einen Blogpost über die unvollständige
Weltkarte der Sozialen Medien. Darin kamen eben alle Großen vor, die man so
kennt, benutzt und bevölkert. Doch seit ein paar Tagen hat man – nicht selten
befeuert durch neue Horrormeldungen aus den etablierten Netzwerken, was die
angestrebte Vorantreibung der Kommerzialisierung oder den Abbau der privaten
Datenschutzrechte angeht – wieder das Gefühl, dass alles im Umbruch ist. 
Das was wir als etabliert empfinden, wir, die wir die Onlinewelt
längst in unsere Offline-Existenz implantiert haben, ist zwar das, was
vielleicht unsere Elterngeneration noch als fremdartig und eventuell sogar
bedrohlich empfindet, aber uns doch längst zum natürlichen, nicht mehr
wegzudenkenden Teil unseres Alttages geworden ist. Umso irritierender, dass
sich gerade jetzt vermehrt die Neuen – ich möchte fast sagen, die jungen Wilden
– anschicken, Ihre Chance zu nutzen, das alles einfach mal wieder
umzukrempeln. 
Mag sein, dass wir bis heute die ganz großen Neuerungen bereits
ausgelotet haben, jedes große Netzwerk hat seine Zielgruppe, jede Mechanik ist
vielleicht schon mal irgendwie ausprobiert und akzeptiert worden. Kann aber
auch sein, dass wir alle diese Züge mit Wonne besprungen haben,weil sie die
einzigen waren, die uns das wonach wir verlangten angeboten haben und wir eben
auch nicht so genau hingesehen haben, was die Rahmenbedingungen angeht.
Datenschutz? Haben wir als Deutsche irgendwie vorausgesetzt. Werbung? Haben wir
als notwendige Randerscheinung erst einmal nicht so wichtig genommen und
vermeidlich ignoriert. Persönlichkeitsrechte? Waren wir uns in der Masse dieser
überhaupt bewusst? 

Und nun tauchen fast täglich Alternativen auf. Alternativen die
uns Digitalnaiven vielleicht gar nicht so neu vorkommen, die aber plötzlich
antreten mit dem Anspuch, nicht alles neu, aber vieles besser zu machen. Gut,
damit hat auch ein Altbundeskanzler schon einmal Land gemacht, ohne selber die
blühenden Landschaften seines Vorgängers zu ermöglichen. Aber derzeit scheinen
Communities wie Ello, Medium und unzählige andere mit bekannten Ideen in einer
neuen Verpackung mobil zu machen. Diese Verpackung soll jedoch nicht der alte
Wein aus neuen Schläuchen sein, sondern versucht scheinbar ernsthaft, die
Fehler, bzw. die Dreistigkeiten seiner Vorbilder, die in den Grundzügen ihrer
Mechaniken zum Teil knallhart immitiert werden, auszubügeln.
Man wirbt mit Transparenz, Fairness, Nichtkommerzialität und
Mitbestimmungsrecht und macht somit zumindest formal schon einmal so einiges
richtig. Kein Mensch weiß, was nun die Zukunft bringen mag, wir alle wissen ja,
die Masse ist träge und einmal Gelerntes wird nur ungern neu aufgezogen.
Facebook mag in der absoluten Masse rückläufig sein, dennoch wird es diesen
Molloch mit Sicherheit noch sehr lange auf sehr hohem quantitativen Niveau
geben. Einfach weil alle es tun und das Konzept ja nicht ungekonnt darauf
ausgelegt ist, ein lebenslanger Begleiter, ja ein Chronist des eigenen Lebens
zu sein. Die anderen jedoch, Twitter, WordPress, Blogger und Co., geliebt,
etabliert aber in Deutschland im Vergleich zum Massenmedium Facebook immer noch
eher eine Nische besetzend, haben jetzt die Chance, sich an der aufkommenden
Konkurrenz zu messen, zu schleifen, zu öffnen, zu verbessern im Sinne ihrer
User. 
Und so ist es unglaublich spannend gerade dabei zu sein, während
sich das Alte mit dem Neuen im Konkurrenzkampf befindet. Ich bin kein
wirklicher Bewahrer, ich bin allerdings höchst melancholisch. So bin ich hin
und her gerissen zwischen der Angst, mein tägliches Twittern könnte irgendwann
abgelöst werden durch etwas anderes. Andererseits brenne ich darauf zu sehen,
wie sich die Neuen schlagen und wünsche Ihnen Glück und einen langen Atem.
Denn bei allem, was man im Netz doch so macht, bleibt eines
gleich, überall. Wir, wir die User sind das Netz. Ohne uns ist sogar das
Monster Facebook tot. Wir sind der Inhalt, das Leben, das Kapital. Wir müssen
uns nur entscheiden, wollen wir das Kapital von anderen sein, deren Ideen und
Philosophien wir nicht mit tragen, oder tun wir etwas für uns in unserem Sinne.

Beide Möglichkeiten bietet das Netz. Diese Selbstbestimmung
sollten wir uns nicht nehmen lassen. Finde ich. Mag sein, dass Ihr das anders
seht. Aber genau darum geht es ja.

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Edit:
Leser, die sich für den soeben erblickten Blogpost begeistert haben, würden sich gewiss auch für den hier begeistern.