2016 Die Nachricht des Kampfes „Epic-Games vs. Apple“ ist nun ein paar Tage alt und so langsam lichtet sich der emotionale Nebel über dem frisch errichteten Schlachtfeld. 

Ich gestehe, als Fortnite-Spieler hege ich große Sympathien für Epic, und als Werber verfolge ich auch stets mit großem Vergnügen, die fantasievollen Marketingstrategien des Spieleentwicklers. Nun also hat sich der Spiele-Gigant, ganz im Fortnite-Style auf recht epische Art, mit den absoluten Beherrschern der Tech-Szene angelegt.

DIE FAKTEN

Epic ermöglicht es Spielern im neuen Mobile Fortnite-Update für iOS, die Ingame-Währung V-Bucks direkt über Epic und nicht unter Umweg über den Apple-Store, und damit 30 Prozent günstiger zu kaufen. Apple berechnet grundsätzlich 30 Prozent für alle im App-Store getätigten Käufe, war dementsprechend not amused und hat Fortnite, immerhin das meistgespielte Smartphonespiel der Welt (350 Millionen registrierte Nutzer im Mai 2020), am 14. August 2020 daraufhin aus dem App-Store geschmissen. Selbiges passierte in Googles Playstore, auch hier kassiert der quasi Monopolist 30 Prozent aller Umsätze.

Was auf der einen Seite ein klaren Vertragsbruch seitens Epic Games darstellt, schließlich hat man sich ja mit der 30-Prozent-Regel einverständlich erklärt, wird auf der anderen Seite inzwischen als Freiheitskampf in Sachen Angriff auf die unnahbaren Monopolisten gefeiert. Epic ist nicht der erste Entwickler, der gegen einen durchaus als Wucher zu verstehenden Anteil am Ertrag der Entwicklerszene, durch das bloße zur Verfügung stellen der Infrastruktur der Shops aufbegehrt. Allerdings der bislang größte.

ORCHESTRIERTER ANGRIFF

Das innerhalb von Stunden nach dem Bann aus dem App-Store das epische Video „Nineteen Eighty Fortnite“ von Epic gestreamt wurde, das eine legendäre, von Ridley Scott in Szene gesetzte Apple-Werbung von 1984 persifliert (damals mit dem Angriffsziel IBM, als vermeidlich bösen Monopolisten) zeigt sehr schön, dass Epic ganz genau mit der Reaktion seitens Apple gerechnet hatte und vorbereitet war. Begleitet vom Hashtag #freefortnite und einer 60-seitigen Anklageschrift, mit dem Ziel einer einstweiligen Verfügung gegen Apple, kann man durchaus von einer gezielten und wohl orchestrierten Attacke sprechen. Epic-Chef Tim Sweeney gibt sich hier auch eine Woche nach dem PR-Stunt ungebrochen angriffslustig und agiert mit seiner „wir kämpfen für die Rechte aller Entwickler“-Haltung durchaus so kämpferisch, wie einer der Helden aus Fortnite.

Und wie das so ist bei quasi religiösen Gefühlen, die die jeweiligen Fanboys und -girls für ihre Lieblingsmarken aufbringen, kochen die Emotionen seit letzter Woche besonders in Social Media über. Die Apple-Anbeter reden die monopolistische Alleinstellung und die daraus resultierende Ausnutzung der Entwickler klein und berufen sich auf geltende Verträge, die Fortnite-Spieler wettern gegen das offenkundig ausbeuterische System, das Apple an den Tag legt und lassen #freefortnite durch die Decke gehen. Lustig sind jene Tweets, die schlicht postulieren „FN ist eh tot!“, da exakt das Gegenteil der Fall ist, was die rasant ansteigenden Userzahlen eindrucksvoll belegen. Ein ähnliches Verhalten wie es 2016 jene an den Tag legten, die nach dem Hype keine Lust mehr auf Pokémon Go hatten. Nur halt eine völlig subjektive und falsche Wahrnehmung.  

Spannend wird es nun, da sich auch andere Firmen wie Samsung, Spotify, Telegram und Facebook auf die Seite von Epic-Games schlagen und schon früher geäußerte Bedenken gegen das bestehende System nun lauter vorgetragen werden. Ganz zu schweigen von einer Unzahl an kleinen Entwicklern, die natürlich ebenso von einer Änderung der gängigen Praxis profitieren würden.

Auch interessant ist, dass die Vorwürfe von Epic gegenüber Apple und Google kartellrechtlich nicht ganz aus der Luft gegriffen sind. So gibt es diesbezüglich bereits zwei eingeleitete Kartellverfahren der EU. Hierzu gibt es ein Interview des Magazins Gamestar mit dem Rechtsanwalt Kai Bodensieck.

THE BATTLE RAGES ON

War Apple zunächst noch auf eine außergerichtliche Einigung aus, natürlich um sehr weitreichende Folgen im Falle einer Niederlage vor Gericht zu verhindern, die Epic mit der Begründung, man wolle keine bevorzugte Behandlung, sondern fairere, verbesserte Konditionen, also weniger Abgaben für alle Entwickler, greift Apple nun seinerseits die Unreal Engine, eine von Epic entwickelte und in der gesamten Spieleszene weit verbreitete Grafik-Technologie an, indem man Epic damit droht, die Epic-Entwickler aus ihren Apple-Konten und somit dem Zugang zu Apple-Software-Werkzeugen auszuschließen. Der erfolgreichen Engine droht somit, dass sie nicht mehr für iOS und MacOS angepasst werden könnte. Epic wiederum beantragte daraufhin am Montag, den 17. August eine einstweilige Verfügung gegen diesen Ausschluss.

WAS BEDEUTET DAS FÜR DIE SPIELER?

Für die Fortnite-Spieler auf iPad oder iPhone bedeutet das akut, dass sie das Spiel – soweit bereits installiert – zwar derzeit weiter spielen können, allerdings keinerlei Updates für neue Inhalte mehr erhalten. Die neue Fortnite Season – so Epic diese nicht aufgrund der Vorkommnisse verschieben sollte – wird somit nicht mehr auf Apple Geräten verfügbar sein, was mal eben ca. 100 Millionen Spieler kaltstellt. Dass dies natürlich auch weitreichende Auswirkungen im Game haben wird ist klar: weniger Smartphonespieler als Gegner, längere Wartezeiten in der Lobby etc.

Ich ganz persönlich bin, als jemand der Fortnite auch auf dem iPad mit Controller spielt, direkt betroffen und die ersten Meldungen dazu in der letzten Woche haben mich durchaus wütend gemacht. Inzwischen sehe ich der ganzen Sache durchaus interessiert und sogar ein wenig amüsiert zu und hoffe sehr, dass Epic mit seiner Klage und somit seinem Anliegen durchkommt. Auch wenn es hier natürlich ganz offensichtlich auch ums Geld geht, macht dieser Streit ja durchaus Sinn und wer weiß, vielleicht profitieren hier am Ende doch die Heerscharen von Entwicklern, die uns allen das Leben mit Ihren Ideen versüßen.

Der Krieg, meine Damen und Herren, ist voll im Gange und egal auf welcher Seite man steht, man darf extrem gespannt sein, wie es weitergeht. Denn eines ist sicher, hinterher wird so einiges anders sein.

Es ist ein wenig wie damals bei „Team Roboter“ vs. „Team Monster“. Auf welcher Seite steht Ihr?